„Aarrrrrr!!“ Ein eindrucksvoller Schrei, wenn er aus vielen Kehlen kommt. Sollte er in früheren Zeiten Crews feindlicher Schiffe einschüchtern, so bringt er heute die Überzeugung zum Ausdruck, dass Eroberungs- und Pioniergeist noch leben. Doch die Piraten der Gegenwart bedienen sich friedlicherer Mittel. Heute geht es um Visionen, Impact – und nichts weniger als die Zukunft.

Vom 3. – 5. Juli 2018 versammelten sich 1.000 Gründer, Investoren und Mitarbeiter von Corporates des digitalen Sektors aus mehr als sechzig Ländern zur achten Edition des Start-Up Festivals ‚Pirate Summit‘ in Köln. Drei Tage lang drehte sich alles um Networking, Wissensaustausch, Pitch-Competitions und Fragen der Zukunft.

Neben all den Start-Ups und Ideen waren zwei Themen besonders präsent in den verschiedenen Veranstaltungen, mit denen wir uns von futurest u.a. selbst beschäftigen und die in den nächsten Jahren den Status Quo in einigen Bereichen der Welt nachhaltig verändern werden:


In-vitro-Fleisch

In-vitro-Fleisch (IVF), d.h. Fleisch aus Zellkulturen, ist auf dem Weg eine Option zu herkömmlichem Fleisch zu werden.

Einige Start-Ups der Branche geben 2020 bis 2021 als Ziel für die erste Generation von erzeugtem Fleisch, mit denen Restaurants beliefert werden können. Industrielle Produktionsreife soll in den folgenden 2-5 Jahren erreicht werden (Angaben von Supermeat und Mosa Meat). Experten sind hingegen mit ihrer Schätzung defensiver und erwarten das Erreichen der Marktfähigkeit in zehn bis zwanzig Jahren.

Zur Produktion von Zellkultur-Fleisch wird lebenden Tieren Muskelgewebe entnommen, aus dem die Stammzellen isoliert und dann vermehrt werden. Anschließend wachsen diese auf Nährlösungen zu Muskelzellen heran, die letztendlich zu Fleischmasse verarbeitet und bei der Produktion von Fleischprodukten verwendet werden.

IVF hat das Potenzial Teil einer Zukunft nachhaltig(er) produzierter Lebensmittel zu werden und Massentierhaltung zu reduzieren. Die Vorteile liegen in der Reduktion des Ressourcenverbrauchs im Vergleich zur herkömmlichen Fleischproduktion, da deutlich weniger Wasser und Nutzungsfläche verbraucht werden und in der Klimaverträglichkeit, da der Ausstoß von Treibhausgasen stark reduziert wird. Unklar ist noch, wie viel Energie die Bioreaktoren bei großskaliger Produktion benötigen würden.

Die Zentren der Entwicklung dieses „Future Foods“ liegen in den USA, Israel und den Niederlanden. Deutschland hält sich bedeckt. Allein PHW, Mutterkonzern von Wiesenhof, machte auf sich aufmerksam, indem es Anfang 2018 zehn Prozent des israelischen Start-Ups ‚Supermeat‘ erwarb.

Bis zur preislichen Wettbewerbsfähigkeit und damit dem Sprung zur echten Alternative, müssen jedoch noch viele Fragen beantwortet und produktions-technische Herausforderungen gelöst werden. Im Zentrum stehen hier die Weiterentwicklung der Nährlösungen, der Stützstrukturen für das Wachstum der Muskelzellen und der Nährstoffversorgung der Zellen, da diese nicht über Blutversorgung wie beim lebenden Tier verfügen.

Eine detaillierte Übersicht über den Status Quo der Branche findet sich hier: Deutsche Bundestag – In-vitro Fleisch

Ebenfalls lesenswert ist dieser Artikel aus dem „Handelsblatt“: Handelsblatt – Die Fleischrevolution

Hier testet der Youtuber “Casey Neistat” den Impossible Burger: White Castle IMPOSSIBLE (fake) Burger vs. REAL Burger


New Work und Purpose Economy

Steward Ownership ist Teil der Purpose-Economy, einer sinnorientierten Ökonomie, die zukunftsweisend ist. Profit fungiert hier als Instrument und nicht als Selbstzweck. Durch Self-Ownership sollen Unternehmen auch langfristig sinn- statt profitorientiert handeln und unabhängig bleiben; Exits und Börsengänge sollen vermieden werden.

Bestimmte legale und ökonomische Konzepte ermöglichen, dass die Vorteile privater Unternehmenseigner realisiert und negative Folgen durch Exits oder Verkäufe vermieden werden.

Dahinter steht das Verständnis, dass Unternehmen kein Spekulationsgut, sondern eine Gruppe von Menschen sind, die für eine gemeinsame Unternehmung mit unterliegendem Sinn arbeiten. Anteile sollten in den Händen derer liegen, die eine aktive Rolle in der Organisation einnehmen. Die Bewegung und Rechtsformen sind jedoch nicht neu, so wurden sie bereits bei der Gründung von Zeiss 1846 implementiert. Doch sie erfahren eine neue Popularität. Neben Start-Ups wie Sharetribe oder Buffer.com sind Zeiss, Bosch oder Alnatura bekannte Unternehmen, die nach Modellen des „Steward Ownership“ strukturiert sind.

New Work‘ beschreibt die durch Globalisierung und Digitalisierung angetriebene Veränderung der Arbeitswelt. Die Entwicklung führt hin zu sinnbestimmter Arbeit, flachen dynamischen Hierarchien und der Sicht auf Arbeitnehmer als mündige Mitarbeiter. Intrinsische Motivation tritt anstelle von Zwängen. Beispielhaft für neue Organisationsmodelle stehen hier die Wege der folgenden zwei Start-Ups:

Giant Swarm‘ verschreibt sich der absoluten finanziellen Transparenz. Die gesamte finanzielle Struktur können die eigenen Mitarbeiter einsehen. Das bedeutet Mitarbeiter wissen über Auftragslage und Liquidität genauso Bescheid, wie über die Gehälter ihrer Kollegen.

Bei ‚Gini‘ haben die Gründer viel Autorität abgegeben und Hierarchien abgeschafft. Die Unternehmung praktiziert seit über einem Jahr s.g. Selbstorganisation. Arbeit erfolgt in autonomen interfunktionellen Teams, Entscheidungen werden dezentralisiert getroffen und selbst Gehälter werden beispielsweise nicht mehr durch den Chef festgelegt.


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