Zum 16. Mal fand dieses Jahr in der Zeit vom 01.-05. Mai das Cologne Music Festival & die Convention Cologne, besser bekannt unter dem Kürzel c/o pop, statt. Aus diesem Anlass trafen sich in Köln Vertreter und Vertreterinnen der nationalen und internationalen Musikwirtschaft, um sich nicht nur über aktuelle (Branchen-)Trends auszutauschen, sondern auch um über die Zukunft einer Wirtschaftsbranche zu diskutieren, die in den letzten Jahren immer wieder durch neue technologische Nutzungsformen gebeutelt und revolutioniert wurde. Die Fragen, die sich daraus für die Musikindustrie entwickelt haben, sind demnach Folgende: Wie kann die Musikindustrie ihren Fortbestand sichern und auf welche Veränderungen muss sie sich einstellen?

In diesem Jahr thematisierte die c/o pop Convention vier unterschiedliche Schwerpunkte: Brands and Music, Digital Music, Exchange and Connect und New Talent. Hierzu wurden in unterschiedlichen Formaten, wie beispielsweise Panels, Workshops oder Präsentationen, aktuelle und zukünftige Themen beleuchtet.

Da wir als futurest GmbH uns schon seit Jahren mit den Treibern und Problemstellungen der Kreativindustrien beschäftigen und ein Teil unseres Teams über einen musikwirtschaftlichen Hintergrund verfügt, lag es für uns als Kölner Unternehmen nahe, bei der diesjährigen Ausgabe der Konferenz dabei zu sein.

Für futurest nahmen unsere Kollegen Dr. Babak Zeini und Florian Franik als Speaker bei der knapp dreistündigen Veranstaltung Next School of Innovation Drivers teil, die sich thematisch mit innovativen Ansätzen und neuen Technologieformen innerhalb der Musikindustrie auseinandersetzt.

Dr. Babak Zeini und Florian Franik als Speaker bei der c/o pop // Quelle: Florian Haußer

Das Thema des Vortrags von futurest beinhaltete die Darstellung von externen und internen Gründen für die problematische Innovationsbereitschaft und Innovationsperspektive musikwirtschaftlicher Unternehmen. Durch steigende Streaming-Zahlen verzeichnet die Musikindustrie nach Krisenjahren wieder bessere Zahlen und Prognosen nach zu urteilen, sollen in diesem Bereich die Einnahmen weiter steigen. Zunächst hört sich diese Entwicklung positiv an, die Folge: Hohe Investitionen wären theoretisch möglich. Dennoch wird jede bestehende Technologie von einer kommenden Technologie abgelöst. Die meisten Firmen schaffen es nicht, sich von ihren bisher erfolgreichen Angeboten zu lösen und in neue, noch nicht verbreitete Technologien zu investieren. Meist ist es nun aber zu spät, diesen technologischen Rückstand aufzuholen, wenn die alte Technologie anfängt obsolet zu werden. Diese Entwicklung nennt sich Innovators Dilemma.

Babak und Florian verdeutlichten in ihrem Vortrag, dass neben den externen technologischen Treibern vor allem die Unternehmensstruktur, die Arbeitskultur und das Mindset innerhalb einer Organisation verändert werden müssen, um diesem Innovators Dilemma erfolgreich zu begegnen. Auf der Organisationsebene bedeutet dies, dass Unternehmensstrukturen flexibler und transparenter gestaltet werden müssen. Hinzu kommt, dass in der Musikindustrie immer noch sehr stark in unterschiedlichen Genres, Labels oder Abteilungen gedacht wird. Diese Inflexibilität innerhalb einer so fragmentierten Industrie behindert Innovation und innovatives Denken, da der Austausch von Wissen und Erfahrungen nur innerhalb der betroffenen Arbeitsbereiche stattfindet. Das Agieren und Reagieren wird somit erschwert und findet im schlechtesten Fall gar nicht statt. Am besten beschreiben lassen sich große Organisationen, im Musikbereich vor allem die Majorlabels, mit der Metapher des Tankers, da sie zwar groß und mächtig sind, aber auch langsam und inflexibel.

Der eigentliche Kern, um innovatives Denken innerhalb einer Organisation voranzutreiben, ist jedoch das Mindset jedes Einzelnen. Bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen muss Verständnis für andauernde Veränderungen hinsichtlich Technologie, Struktur und Arbeitsmethodik gegeben sein. In der Musikwirtschaft wird vor allem radikale Innovation schon lange als Problem angesehen, was zu einer Reaktivität bezüglich Neuerungen führt. Dies gilt für technologische Neuerungen wie das Aufkommen der ersten Tonträger, aber auch die Entwicklungen neuer ästhetischer Strömungen wie die Entstehung von neuen Subkulturen. Sie wurden zunächst ignoriert, dann bekämpft und erst im letzten Schritt adaptiert. Dies geschah aber meist zu einem Zeitpunkt, an dem es längst zu spät war. „Innovation ist nichts was wir machen, es passiert uns“, lautet ein Zitat eines langjährigen Mitarbeiters eines Majorlabels aus Florian Franiks Master Thesis.

Ein repräsentatives Beispiel hierfür ist der Umgang der Musikindustrie mit den Filesharing-Plattformen, die Anfang des neuen Jahrtausends aufkamen. Hier hat gerade die Majorbranche den Erfolg der CD mit allen Mitteln ausgebaut und verteidigt. Als sich mit dem Internet technische Möglichkeiten und damit auch das Verhalten von Nutzern und Nutzerinnen änderten, lag es näher, zunächst die Serviceanbieter zu verklagen, dann Einzelnutzer und Einzelnutzerinnen abzumahnen, statt sich den neuen Begebenheiten anzupassen. In anderen Branchen teils undenkbar, ist dieses Verhalten nicht zuletzt durch Urheber- und Leistungsschutzrechte erklärbar, die neben ihren guten Eigenschaften für Kreativschaffende auch das klassische Geschäftsmodell der Branche schützen und damit Innovation lähmen können.

Eine passende Lösung für das entstandene Bedürfnis konnte keiner der Akteure innerhalb der Musikwirtschaft liefern. Erst Firmen wie Apple, die beispielsweise durch die Etablierung des iPods in Kombination mit dem firmeneigenen Download-Plattform iTunes an den Markt gingen, führten dazu, dass Konsumenten wieder bereit waren für Musik zu bezahlen. Zu einem ähnlichen Verlauf kam es bei der aktuellen Nutzungsform des Streamings. Auch hier haben branchenfremde Player wie Spotify oder Amazon digitale Plattformen entwickelt, an die sich Labels und Verlage angedockt haben.

Beide Entwicklungen zeigen, dass die Musikindustrie an sich keine innovationsgetriebene Branche ist und in den letzten Jahren einen außenstehenden Akteur benötigte, um nutzerzentrierte Nutzungsmodelle zu kreieren.

Aus dem Vortrag geht hervor, dass die in der Vergangenheit verpassten Chancen Muster aufweisen, aus denen die Musikindustrie ihre Learnings ziehen sollte. Zudem wurde Bewusstsein dafür vermittelt, dass nach jedem Paradigma neue kommen werden, welche das aktuelle Geschäftsmodell ablösen können. Zuletzt wurde den Teilnehmern und Teilnehmerinnen geraten, industriespezifische Hürden für Innovation zu lokalisieren, um interne Barrieren beseitigen zu können.

Dr. Babak Zeini und Florian Franik bei der Fragerunde // Quelle: c/o pop Convention

Neben dem Beitrag von futurest wurde bei New School of Innovation Drivers weitere Ideen, Gedanken und Innovationen, wie beispielsweise die automatische Erstellung von Musikvideos durch eine Anwendung des Unternehmens rotor Videos, oder der Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Musikindustrie von Colin Lovrinovic von der Gould Finch GmbH vorgestellt. Da sich die c/o pop Convention aber nicht nur als Plattform für Innovation sieht, wurden auch andere Themengebiete diskutiert. Neben dem aktuellen Trendthema Podcast, gab es Panels und Präsentationen zu Werbe- und Filmmusik, Nachhaltigkeit bei Festivals und Konzerthäusern oder auch Interviews mit Künstlern und Künstlerinnen und anderen Musikverantwortlichen.

Wir möchten uns bei der c/o pop für die reibungslose Organisation und die Möglichkeit zur Präsentation unserer Themen bedanken. Stay tuned und bis zum nächsten Jahr!


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